
Stellungnahme Gewerbeabfallverordnung
Einleitung
Die Verbände der Bau- und Abbruchwirtschaft – der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) und der Deutsche Abbruchverband (DA) – lehnen den Referentenentwurf zur Änderung der Gewerbeabfallverordnung entschieden ab.Die geplanten Änderungen sind unnötig, praxisuntauglich, hochbürokratisch und in keiner Weise geeignet, die Ziele einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft zu fördern. Die vorliegenden Vorschläge würden die Bauwirtschaft mit erheblichen bürokratischen und finanziellen Belastungen konfrontieren und stehen den Zielen der Verordnung entgegen.
Sollte die Verordnung dennoch in Kraft treten, müssen zwingend tiefgreifende Nachbesserungen erfolgen, um eine praktische Umsetzung überhaupt zu ermöglichen. Es braucht praxistaugliche Regelungen, die die Unternehmen in ihrer täglichen Arbeit unterstützen und gleichzeitig die übergeordneten Ziele der Kreislaufwirtschaft tatsächlich fördern können. Ohne solche Anpassungen drohen erhebliche Umsetzungsprobleme, die die Wirtschaft belasten und die angestrebten Ziele der Verordnung gefährden würden.
1. Ausnahmen von der getrennten Sammlung (Technische und wirtschaftliche Zumutbarkeit)
Die Vorgaben zur getrennten Sammlung gemäß § 8 Abs. 1 GewAbfV sind in ihrer aktuellen Form in vielen Fällen nicht umsetzbar:
Technische Hürden: Die Trennung der gemäß neuem Entwurf der GewAbfV vorgesehenen Fraktionen in der ist häufig nicht möglich, etwa durch unvermeidbare Anhaftungen, nicht erkennbaren neu definierte Teilfraktionen (Dämmstoffe, z. B Glas– und Steinwolle) . Auch rückbaustatische und -technische Anforderungen verhindern die Umsetzung.
Unklare wirtschaftliche Zumutbarkeit: Die Berücksichtigung vermeidbarer Kosten in der Definition wirtschaftlicher Unzumutbarkeit ist in der Praxis schwer umsetzbar und führt zu Unsicherheiten. Zudem fehlt eine klare Definition von „sehr geringen Mengen“.
Forderungen:
1. Präzise Definition der technischen Unmöglichkeit: Die Kriterien sollten die spezifischen Herausforderungen des selektiven Rückbaus und der Trennung kontaminierter Materialien berücksichtigen.
2. Präzise Definition der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit: Die Berücksichtigung hypothetischer Einsparpotenziale sollte entfallen, da diese in der Praxis nicht belegbar sind.
Begründung:
Ohne diese Klarstellungen drohen erhebliche Rechtsunsicherheiten, die eine ordnungsgemäße und wirtschaftlich tragbare Umsetzung der Anforderungen gefährden.
2. Dokumentationspflichten
Die Änderungen der Dokumentationspflichten (§ 8 Abs. 3) sehen den Wegfall der Lagepläne vor, was eine Erleichterung darstellt. Dennoch bleibt die Dokumentation durch Lichtbilder, Praxisbelege (z. B. Wiegescheine) und detaillierte Nachweise aufwendig:
Hoher Aufwand: Insbesondere kleinere Unternehmen und Baustellen mit geringem Abfallvolumen sind durch die Anforderungen unverhältnismäßig belastet.
Unklare Zuständigkeiten: Es bleibt unklar, ob die Verantwortung für die Dokumentation bei Bauherren, Planern oder ausführenden Unternehmen liegt.
Forderungen:
Vereinfachung für kleine Baustellen: Eine Differenzierung der Anforderungen nach Baugröße und Abfallvolumen ist notwendig, um den Aufwand für kleinere Projekte zu reduzieren.
Klärung der Zuständigkeiten: Die Dokumentationspflicht sollte eindeutig beim Bauherrn verortet werden, da dieser den umfassendsten Überblick über das Bauvorhaben hat und die Koordination der Abfallentsorgung zentral steuern kann.
Begründung:
Ein praktikabler und wirtschaftlich tragbarer Vollzug der Dokumentationspflicht ist nur mit einer Reduzierung der bürokratischen Last und einer klaren Regelung der Zuständigkeiten möglich. Die in den bisherigen Handlungshilfen festgelegten Regelungen haben bereits baustellenspezifische Dokumentationen benannt, die einen praxisnahen Ansatz bieten. Es ist daher wichtig, dass diese Leitlinien auch im neuen Verordnungsentwurf berücksichtigt werden, um Konsistenz und Umsetzbarkeit sicherzustellen.
3. Wegfall der Kennzeichnungspflicht für Abfallbehälter
Die verpflichtende Kennzeichnung aller Abfallbehälter (§ 9a GewAbfV) ist nicht notwendig, da die Bauunternehmen bereits ein wirtschaftliches Eigeninteresse an einer sauberen Trennung der Abfälle haben:
Eigeninteresse der Unternehmer: Eine saubere Trennung der Abfallfraktionen ist im wirtschaftlichen Interesse der Unternehmen, da sie mit sortenreinen Fraktionen höhere Erlöse erzielen und mit verunreinigten Containern finanzielle Verluste erleiden.
Effektive Umsetzung auf Baustellen: Bauleiter und ausführende Unternehmen setzen auf den Baustellen bereits durch, dass die Trennung eingehalten wird, um die Wirtschaftlichkeit sicherzustellen.
Unnötige Bürokratie: Eine gesetzliche Regelung zur Kennzeichnung der Behälter schafft keinen zusätzlichen Nutzen, sondern erhöht lediglich den bürokratischen Aufwand und die Fehleranfälligkeit.
Forderung:
Wegfall der Kennzeichnungspflicht: Die gesetzliche Verpflichtung zur Kennzeichnung sollte vollständig gestrichen werden.
Stärkung der Eigenverantwortung: Die Unternehmen sollten durch Schulungen und Leitfäden unterstützt werden, anstatt durch zusätzliche Regulierungen belastet zu werden.
Begründung:
Die wirtschaftlichen Anreize der Unternehmen garantieren eine ordnungsgemäße Trennung der Abfälle. Eine zusätzliche gesetzliche Verpflichtung ist überflüssig und belastet Unternehmen unnötig.
4. Entsorgung von gefährlichem und nicht gefährlichem asbesthaltigen Abfall
Die Novelle der GewAbfV führt eine differenzierte Behandlung von gefährlichen und nicht gefährlichen asbesthaltigen Abfällen ein. Während die Differenzierung an sich begrüßt wird und in der Deponieverordnung nun geregelt ist, bestehen in der Praxis erhebliche Unklarheiten und Probleme, die sowohl technische als auch wirtschaftliche Auswirkungen auf die Unternehmen haben:
Herausforderungen durch die Differenzierung der Asbestfraktionen
Unklare Entsorgungswege für nicht gefährlichen Asbestabfall
—> Für gefährliche asbesthaltige Abfälle gelten klare Regelungen: Sie müssen in zugelassenen Big Bags auf speziell gekennzeichneten Flächen von Deponien der Klassen I und II gelagert werden.
—> Für nicht gefährliche asbesthaltige Abfälle fehlt jedoch eine klare Regelung darüber, wo und wie diese gelagert werden sollen.
Kann nicht gefährlicher asbesthaltiger Abfall ebenfalls für Deponiebaumaßnahmen (z. B. zur Schüttung von Abdichtungsschichten) verwendet werden?
Muss dieser Abfall so gelagert werden, dass er bei zukünftigen technologischen Fortschritten im Recycling und in der Aufbereitung wieder aufgenommen werden kann?
Gleichartige Lagerung auf derselben Deponie
—> Sowohl gefährlicher als auch nicht gefährlicher asbesthaltiger Abfall gelangen auf dieselben Deponien (Klasse I oder II), werden jedoch an unterschiedlichen Stellen gelagert.
—> Die Trennung bedeutet für Unternehmen zusätzlichen Aufwand, ohne dass der Mehrwert für die Kreislaufwirtschaft deutlich ist.
Unterschiedliche Kostenstrukturen
—> Es ist unklar, ob und wie Deponiebetreiber für die beiden Fraktionen unterschiedliche Preise verlangen.
—> Die separate Behandlung führt zu erheblichen Mehrkosten für Unternehmen.
Zweck der Differenzierung
—> Die Differenzierung der beiden Fraktionen ist in der Deponieverordnung definiert, aber die konkrete Zielsetzung ist unklar.
—> Wenn beide Abfallfraktionen aktuell deponiert werden und eine Rückgewinnung für Recyclingzwecke erst in der Zukunft möglich wird, stellt sich die Frage, warum eine kostenintensive Unterscheidung derzeit erforderlich ist.
Forderung
Klare Regelung der Entsorgungswege für nicht gefährlichen Asbestabfall
—> Nicht gefährliche asbesthaltige Abfälle müssen klar definiert werden und mit einer Abfallschlüsselnummer versehen werden.
Diese Abfallschlüsselnummer ist für die Annahmekriterien für eine Anlieferung an eine Deponie erforderlich. Bisher haben die Deponien nicht die Zulassung, solche Abfälle zu anzunehmen. Sie müssen ihre Genehmigungen anpassen. Hier muss eine Regelung geschaffen werden
—> Es muss eindeutig definiert werden, wo und wie nicht gefährlicher asbesthaltiger Abfall gelagert werden soll.
—> Die Möglichkeit der Verwendung für Deponiebaumaßnahmen sollte geprüft werden, um diesen Abfall nutzbar zu machen und zusätzliche Kosten zu vermeiden.
—> Es sollte sichergestellt werden, dass die Lagerung so erfolgt, dass eine zukünftige Rückgewinnung und Recycling möglich bleibt.
Transparente Preispolitik der Deponiebetreiber
—> Deponiebetreiber sollten verpflichtet werden, die Preisgestaltung für gefährlichen und nicht gefährlichen Asbestabfall offenzulegen.
—> Es sollte sichergestellt werden, dass die Unternehmen nicht durch unverhältnismäßige Preisdifferenzen belastet werden.
Begründung der Differenzierung
—> Der Zweck der Differenzierung zwischen gefährlichem und nicht gefährlichem Asbest muss klar kommuniziert werden.
—> Die Unternehmen benötigen eine nachvollziehbare Erklärung, warum diese Trennung notwendig ist, insbesondere wenn beide Fraktionen auf dieselben Deponien gelangen.
Prüfung alternativer Ansätze
—> Es sollte geprüft werden, ob nicht gefährlicher Asbest als Sekundärmaterial in spezifischen Anwendungen wiederverwendet werden kann, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Begründung
Die Differenzierung von gefährlichen und nicht gefährlichen asbesthaltigen Abfällen ist sinnvoll, wenn sie einen klaren Zweck erfüllt. Derzeit verursacht sie jedoch für Unternehmen zusätzlichen Aufwand, ohne dass der Nutzen dieser Trennung ausreichend deutlich wird. Zudem fehlen klare Regelungen für die Entsorgung und Wiederverwendung von nicht gefährlichem Asbest.
Die Bauwirtschaft benötigt transparente und einheitliche Vorgaben, um die zusätzlichen Kosten und die organisatorische Belastung durch die Differenzierung zu rechtfertigen. Andernfalls drohen nicht nur wirtschaftliche Nachteile für die Unternehmen, sondern auch eine ineffiziente Umsetzung der Kreislaufwirtschaftsziele.
5. Widersprüche zur Ersatzbaustoffverordnung (EBV)
Die geplanten Änderungen der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) stehen in direktem Widerspruch zu den bestehenden Regelungen der Ersatzbaustoffverordnung (EBV), insbesondere in Bezug auf dieselben Abfallfraktionen.
Herausforderungen durch widersprüchliche Vorgaben
Die EBV regelt bereits detailliert den Umgang mit Ersatzbaustoffen und spezifischen Abfallfraktionen, einschließlich der Anforderungen an Verwertung, Lagerung und Transport. Die zusätzlichen Pflichten, die durch die Novelle der GewAbfV entstehen, führen zu Doppelregelungen, die den Vollzug erschweren, sowie zu widersprüchlichen Vorgaben, die Unternehmen in rechtliche Unsicherheiten drängen.
Einschränkung der Kaskadennutzung
Ein besonders kritischer Punkt ist die geplante Begrenzung der Kaskadennutzung auf maximal zwei Vorbehandlungsanlagen. Diese Regelung harmoniert nicht mit den Vorgaben der EBV und erschwert eine effiziente Nutzung der verfügbaren Kapazitäten. Dies führt zu Kapazitätsengpässen, erhöhten Transportwegen und deutlichen Kostensteigerungen für die Bauwirtschaft.
Dringende Notwendigkeit der Harmonisierung
Die Harmonisierung der GewAbfV mit der EBV ist daher unerlässlich, um widersprüchliche Vorgaben zu vermeiden und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. Nur durch eine abgestimmte Regulierung können Unternehmen ihre Verpflichtungen effizient und rechtssicher erfüllen.
Forderung
Es muss dringend sichergestellt werden, dass die Vorgaben der GewAbfV und der EBV in Einklang gebracht werden. Dies umfasst eine Überprüfung der Regelungen zur Kaskadennutzung sowie die Eliminierung von Doppelregelungen, um unnötige Belastungen für die Unternehmen zu vermeiden.
Appell
Die Bauwirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zur Förderung der Kreislaufwirtschaft zu leisten. Der vorliegende Entwurf der Gewerbeabfallverordnung ist jedoch in seiner aktuellen Form völlig unpraktikabel und weder notwendig noch zielführend. Eine derartige Verordnung bringt keinen Mehrwert für die Kreislaufwirtschaft, sondern verursacht zusätzliche Bürokratie, Unsicherheiten und massive Belastungen für Unternehmen.
Sollte die Verordnung dennoch umgesetzt werden, sind grundlegende Anpassungen unerlässlich. Ohne diese Anpassungen bleibt die Verordnung nicht umsetzbar und wird Unternehmen in unsichere, wirtschaftlich untragbare Situationen drängen. Um die angestrebten Ziele tatsächlich zu erreichen und die Bauwirtschaft nicht weiter zu belasten, müssen praxistaugliche, realistische und wirtschaftlich vertretbare Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Andernfalls wird die Verordnung die Kreislaufwirtschaft nicht stärken, sondern die bestehenden Prozesse unnötig verkomplizieren und die Bauwirtschaft erheblich schwächen.
Zusammenfassung unserer Forderungen:
Präzise und praxistaugliche Definitionen für technische und wirtschaftliche Zumutbarkeit bei der Trennung.
Vereinfachung und Begrenzung der Dokumentationspflichten, insbesondere für kleine Baustellen.
Wegfall der Kennzeichnungspflicht für Abfallbehälter aufgrund des bestehenden Eigeninteresses der Unternehmen an sauberer Trennung.
Ausbau der Entsorgungsinfrastruktur für asbesthaltige Abfälle.
Harmonisierung der GewAbfV mit der EBV, um widersprüchliche Vorgaben zu vermeiden und rechtliche sowie wirtschaftliche Unsicherheiten für Unternehmen auszuschließen.
Ansprechpartner:
Philip Witte
Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V.
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Katrin Mees
Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.v.
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Walburga Sodermanns-Peschel
Deutscher Abbruchverband e.V.
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